Knarzende Hebel, quietschende Türen und blühende Wiesen: Ein Rücktritt.
Ich möchte heute, mit dramatischem Gong, und Fanfaren, meinen Rücktritt verkünden. Danach möchte ich dann weiter mein Ding machen, unter gleichem Namen, aber jemand Anderes, Neues sein. Ok?
Ich hatte es schon erwähnt: in der vermeintlichen Stille des Pausemachens legen sich knarzende Hebel um, und es öffnen sich quietschend und scheppernd Türen, die lange verschlossen erschienen.
Eine dieser Türen hat den Blick freigegeben auf eine blühende Landschaft, von der ich lange geträumt, für die ich aber den Hebel nicht gefunden hatte.
Jetzt steht sie weit offen, die Tür, aber wie in einem guten Fantasy-Roman kann ich sie „nicht als die durchschreiten, die ich war“ (in Dumbledore-Stimme). Schließlich muss man immer etwas zurücklassen, einen Teil seiner selbst, um irgendwo hinzukommen, wo es schöner ist. Und so will auch ich, taraaa, heute einen Teil meiner Persönlichkeit und meiner Persona abwerfen, der nicht mehr passt – der nur dann nicht zwickt und drückt, wenn man sich bückt. Und dann will ich leicht und nackig und neu durch diese Tür treten. Und vielleicht kommt ihr ja mit.
Ich verkünde hiermit also meinen Rücktritt vom überaus ehrenhaften Amt des Judith Holofernes-Seins.
Banget nicht, wenn ihr diese Judith Holofernes ganz gerne mochtet! Ich mag sie auch. Die Wahrheit ist, dass ihr da draußen vielleicht gar keinen Unterschied bemerken werdet. Ich werde weiterhin Judith Holofernes heißen, denke ich (Ich flirte allerdings auch heftig mit Mike Drop. Hmmm.).
Ich werde weiterhin schönes Zeug machen! Manches davon abseitig, manches mainstreamig, und alles wird meinem eigenen, sonderbaren „Hell Yeah or No“ –Kompass folgen. Musik, wahrscheinlich. Außerdem: ein Podcast. Und Gedichte. Auf jeden Fall: schreiben, schreiben, schreiben. Mein sowieso schon sprunghaftes Künstlerverhalten (I know you love it!) wird vielleicht noch ein wenig unberechenbarer und wespenflugiger verlaufen, aber für den nachlässigen Beobachter ändert sich da nicht viel.
Aber für mich! Hurrah! Denn dieser Rücktritt bedeutet für mich nichts weniger, als dass ich den Karriere-Aspekt des Judith Holofernes-Seins komplett aufgeben möchte. Den Anspruch auf eine geschlossene, stringente und vor Allem irgendwie dauerhaft im Pop-Kontext stattfindende Karriere. Basta, aus, vorbei. „Hast du das nicht eh schon längst gemacht gehabt?“ mögen weniger nachlässige Beobachter denken, und auf die 1.40 Minuten langen Instrumental-Outros meiner jüngeren Songs verweisen.
Aber: nein. Ich habe mich höflich, viel zu höflich, und zaghaft, viel zu zaghaft in die richtige Richtung bewegt, die Richtung des völligen Draufscheißens. Aber ich habe, unterm Strich, noch viel zu viele Kompromisse gemacht. Nicht, und das tröstet mich – und euch vielleicht auch – da wo es zählt: in der Musik. Aber im Leben, und das ist eigentlich noch viel peinlicher. Ich habe nicht auf diese Stimme gehört, die mir von Anfang an gesagt hat, dass ich weiter raus muss aus allem, was vorher war, weiter rausschwimmen, freier freistrampeln.
Diese Inkonsequenz hat viele Gründe, und einige davon haben mit Schwächen von mir zu tun, andere mit fehlgeleiteten oder unausgegorenen Stärken: Selbstschutz, Angst, Eitelkeit, Ehrgeiz, Höflichkeit, Loyalität, Anhänglichkeit, Freundlichkeit, Pflichtgefühl. Das alles gemixt mit einer Zutat, die ich „pathologische Tapferkeit“ nennen möchte, et voilà: ein infernalischer Cocktail, der mir viel, viel Ärger gemacht hat.
Und deshalb ist dieser Rücktritt überfällig! Das ist es, was ich 2012 wollte, als wir mit den Helden aufgehört haben: ein Rücktritt, eine Absage, ein seliges, erleichtertes Aufgeben. Ich wollte das nicht mehr machen, und ich wollte es nicht mehr sein. Und dann habe ich es doch irgendwie wieder gemacht. Ich hab es verdreht, und gedehnt, und unterlaufen, und das Unmögliche versucht: eine Familie zu haben und nebenher Rockstar in 70%-Stelle zu sein. Überraschung: es funktioniert nicht.
Und so gebe ich jetzt auf, aus ganzem Herzen, und mit Begeisterung. Ich gebe es auf, von der Musik zu leben, zumindest auf den klassischen Wegen. Ich gebe es auf, mein Ego zu schützen, ich gebe es auf, ein stimmiges Bild abzugeben. Ich werde nichts mehr behaupten, weder mich, noch irgendeine Form von Erfolg.
Und ja, natürlich wünsche ich mir Rückenwind für meine Unterfangen! Ich habe kühne Träume! Wilde Ambitionen! Nur messe ich die Ergebnisse eben nach sehr persönlichen Regeln.
Ihr findet mich deshalb ab sofort, jenseits der knarzenden Tür, quer über die blühenden Wiesen, bei Patreon. Dort könnt ihr mich und mein Zeug direkt abonnieren und mir somit helfen, eben jene kühnen Träume umzusetzen. Je mehr von euch dabei sind, umso mehr tolles Zeug kann ich machen. Das wird erstens (versprochen!) total gut fürs Herz sein (meins, und eures hoffentlich auch,) und zweitens wird es verhindern, dass ich mich mit meinen Einfällen völlig ruiniere.
Für mich wird damit ein wundgeträumter Traum wahr: meinen eigenen Laden aufzumachen, ein eigenes Zuhause zu schaffen für mich und euch und für alles, was ich machen will. Ich werde meine Kunst auch weiterhin in die Welt hinausveröffentlichen, oder zumindest Teile davon. Aber: mit mir auf Patreon rumzuhängen, wird deutlich mehr Spaß machen.
Kommt mit rüber. Ich freu mich sehr, wenn ihr dabei seid.
Eure
Judith Holofernes,
(The Artist Formerly Known As Judith Holofernes)
ENGLISH:
Today, with a dramatic gong and lots of fanfare, I want to announce my official resignation. Afterwards, I wish to continue as before, under the same name, but to be somebody different, and new. OK?
As I have hinted at in the recent past: in the silence of this long hiatus, levers squeakingly flipped and some heavy, heavy doors have opened, showing a glimpse of some wonderful pasture that I had been dreaming of but never seemed to find access to.
Now this door is wide open, but like in any good fantasy novel, I cannot walk through it „as the one I once was.“ (insert Dumbledore voice). You always have to leave something behind, a part of yourself, to get any place that is better and more beautiful. And so I, too, want to leave behind that part of my personality and persona that doesn´t seem to fit me anymore – that for some reason only doesn´t pinch me if I either duck, bow or kneel. And then, having shed that too tight skin, I want to step through that door, naked and lithe and renewed. And maybe, just maybe, you will come with me.
Thus I announce my resignation from the honorable office of being Judith Holofernes.
Fear not if you happened to like her! I do quite like her myself. The truth is, you out there might not even notice any difference. I´ll still be called Judith Holofernes, I guess (although I am flirting with Mike Drop. Hmmm.)
I´ll still be doing beautiful things. Some of them weird, some of them „pop“, all of them following my own, wondrous „Hell Yeah or No“ –compass. My erratic artistic behaviour (I know you love it) will probably get even more unpredictable and wasp –flighty, but for the casual observer, nothing much is going to change.
But it does for me! Hurray!!! Because to me, this resignation means that I am, once and for all, leaving behind the career aspect of my being Judith Holofernes. Dropping all aspiration to a stringent, sensible, upward and pop-compatible career. Over and out. „But, hadn´t you done that already?“, less casual observers might ask, hinting at the 1.40 minute long instrumental outros of my later work.
But: no. It´s true, I have ever so politely been moving in the right direction, inching towards completely and utterly not giving a fuck. But, all in all, I have still been compromising way to much. Not, and this might console you, as it does me, in my music, where it counts the most. But, and this might be even more embarrassing: in life. I have not been listening to that voice in my head that tried to tell me I had to get further away, swim out farther, kick looser.
The reasons for my inconsequence are manyfold, and some of them are grounded in personal weaknesses, others in misguided or misplaced strengths: Self preservation, fear, vanity, ambition, politeness, loyalty, attachement, friendliness, conscientiousness. All mixed up with an ingredient that I would like to call „pathological grit,“ et voilà: an infernal cocktail that caused me a hell of a lot of trouble.
And that is why this resignation is overdue. This is what I wanted when we quit Wir sind Helden in 2012: to resign, to renounce, to allow myself the blissful relief of giving up. I didn´t want to do that thing anymore, didn´t want to be it. And yet I did. Sure, I twisted it, stretched it, tried turning it upside down and attempted the unthinkable: to have a family and be a part-time rockstar on the side. Surprise: it didn´t work.
So now, I´m giving up, with all my heart, and enthusiastically. I give up trying to make this a conventional living. I give up competing. I give up on trying to protect my ego or trying to pass. I put my hands up in sweet surrender.
And yes, of course I still wish for tailwinds and general good tidings for all my undertakings! I have bold dreams! Wild ambitions! It´s just that I assess their success by very personal measures.
That is why you will find me, from now on, on the other side of that sqeaky door, right across those pastures, over at Patreon. There you can subscribe to all my art and in doing so, help me make said bold dreams come true. The more people join me, the more crazy art I´ll be able to make. This will (I promise!) be good fort he heart (mine, and yours too, hopefully) and secondly, it´ll make sure I don´t ruin myself over all my crazy ideas.
For me, this is a dream dreamt sore, and making it a reality already feels incredibly healing: to make a proper home for me, my art, and for you lovely people. I´ll still put my art out into the wider world, or at least some of it. But: hanging out with me here on Patreon is going to be so much more fun.
Come on over. I´ll be so happy to have you.
Yours,
Judith Holofernes
(The Artist Formerly Known As Judith Holofernes)