Judith & Teitur and their Imaginary Doomsday Orchestra
Heute ist Teitur abgereist, mit Freundin und Hund in einem Auto gen Kopenhagen. Dort wird er übernachten, um dann noch weitere 36 Stunden mit der Fähre unterwegs zu sein und nach insgesamt drei Tagen auf den Färöern anzukommen.
Pola und ich sind durch den Abschied leicht traumatisiert. Die letzte Woche haben wir einen furiosen Endspurt hingelegt und alles eingetütet, wofür Teiturs Anwesenheit absolut unabdingbar war. Jetzt ist ausgespurtet, Teitur ist nicht mehr da, und wir sind fix und überhaupt noch gar nicht fertig.
In den letzten acht Wochen hat Teitur mehr Intrumente eingespielt, als man in einem Kleinlaster transportieren kann.
Am vorletzten Tag, mit Augenringen und manischem Grinsen (nicht im Bild), sah man ihn drei Ukulelen gleichzeitig mit Schlagzeugstöcken traktieren. Und an den Abenden, zuhause, hat er mit verbundenen Augen und auf dem Kopf stehend Streicher und Bläser arrangiert.
Streicher und Bläser! Und Flöten! Und Theremin -Chöre! Zu Beginn der Aufnahmen hatten wir ein „Imaginary Doomsday Orchestra“ erfunden, dass auf dem Album immer wieder vorkommen sollte, um meine, äh, cinematische Vision zu transportieren – und um den mal wieder ziemlich breit gefächteren Songs einen roten Faden zu geben. Um das Heitere überbordend und das Melancholische herzzereißend zu machen. Fingers crossed.
Dieses Orchester besteht hauptsächlich aus Mitgliedern des weniger imaginären, aber umso fantastischeren s t a r g a z e Orchesters – und ansonsten aus Martin Wenk (Calexico, Nada Surf), Jörg Holdinhausen an der Klarinette, Hanno Stick, der auf die Pauke haut, Teiturs Kumpel Reyn Ouwehand – und Teitur und mir, die wir Gegenstände über dem Kopf zusammenschlagen.
Die Streicher aufzunehmen war die vielleicht beeindruckendste Studioerfahrung meiner Laufbahn. Richtig, richtig gute klassische Musiker aufzunehmen, fühlt sich an, wie in einem Raubtierkäfig Ballett zu tanzen. Und ja, das ist ein Kompliment. Danke an Ayumi Paul, Grégoire Simon, Yodfat Miron und Boram Lie, ich habe versucht, so leise wie möglich zu atmen. ? ♥️
„Die Bläser“ (der Bläser) waren vielleicht weniger einschüchternd –wahrscheinlich weil ich ihn im Tourbus im Schlafanzug gesehen habe– aber nicht weniger beeindruckend. Danke, Martin Wenk! Martin durfte diesmal ausgiebig mit einer Flöte aus dem Keyboard duettieren, und er hat es mit Anmut ertragen. Aber Martin kennt beim Duettieren eh nix, davon kann man sich bei Bedarf hier überzeugen.
Und wenn Hanno und Jörg zusammen spielen, kriege ich sowieso den Kiefer nicht mehr zu. Aber das bin ich ja von unterwegs gewohnt. Was Jimmi Hendrix sagt: You make everything… groovy.
Neben der Kernbesetzung (Jörg am Bass, Hanno am Schlagzeug, Alex Binder an mehreren Gitarren, Engineer Jan Wagner an erstaunlich Vielem, Teitur an Allem) hatten wir außerdem noch ein paar Freunde im Studio, die sehr alberne (Ben Rodenberg! Tina Thoene! Jarita Freydank! Tobias Friedrich) und sehr schöne (Nochmal Jari! Balbina! Larissa Pesch!) Chöre gesungen haben.
Alles in Allem war es eine verzauberte, hoch konzentrierte, sonnige, innige Studiozeit –erwähnte ich den Hund?- und ich hoffe, das Ergebnis wird ziemlich genau dieses Gefühl übertragen. Es sind ziemlich viele Songs über die nahende Apokalypse drauf, von daher bin ich da eigentlich recht zuversichtlich.