Nur die Harten kommen in den Garten der Parton
Wie vielen von euch schon bekannt ist, bin ich glühende Verehrerin von Dolly Parton. Und da die in dieser Woche ein neues Album herausbringt, hat die ZEIT mich erfreulicherweise mit einem ausführlichen Parton -Porträt betraut! Yeah. Yeeehaw. Endlich.
Der Artikel steht heute in der echten ZEIT (aus Papier), online gestellt wird er erst später.
Ich habe euch aber aus meinen liebsten Recherche-Fundstücken eine überaus missionarisch gemeinte Playlist auf meinem Youtube -Channel erstellt.
Den „milde Interessierten,“ und denen, die heute noch was Anderes vorhaben, empfehle ich entweder die Doku am Anfang, oder aber: irgendwas von oben, irgendwas aus der Mitte, und irgendwas vom Schluss der Liste.
Allen Anderen: zwischendrin immer ein Blättchen Ingwer, zum neutralisieren. Oder einen Song von John Cage oder System of A Down.
PS.: Das schöne Bild hier oben hat mir mein Produzent Ian Davenport letztes Jahr als Geburtstagskarte geschickt.
So. Los geht´s:
Gleich zum Anfang die volle Packung: eine schöne, umfassende BBC Doku, 50 Minuten lang, mit vielen schönen Clips aus Live -Auftritten und Interviewpassagen. Hilft, die junge Dolly mit der Jetzt -Dolly in Verbindung zu bringen, weil man besser nachvollziehen kann, was, ähm, woher kommt. Wer sich nicht so gerne durch Youtube -Videos klickt, gerne aber eine Einführung ins Partonsche Oevre hätte, der kann auch nur das hier gucken und den Rest als Anleitung zur Zusammenstellung eines Best Ofs (zum Hören) betrachten.
Wer hingegen einen ganzen Abend mit Dolly verbringen möchte – und auf den „Woah, krasse Frisur“ -Aspekt nicht verzichten mag – der möge mir nun bitte folgen:
Dollys allererster Auftritt in der Porter Wagoner Show. Der Song ist einer der wenigen, die sie nicht selbst geschrieben hat, es gibt aber wohl Keine, die ihn besser verkörpern könnte: „this dumb blonde ain´t nobody´s fool“. Porter wurde ihr Mentor – seinen flamboyanten Outfits nach zu urteilen ganz offensichtlich auch in Modefragen – sie sein Sidekick in der Sendung.
Jolene – der in Deutschland wahrscheinlich bekannteste und konsensfähigste Dolly-Hit. Für mich einer der besten Songs, die je geschrieben wurden. Frau Parton sagt übrigens, sie habe ihn geschrieben, weil sie auf eine schöne, rothaarige Bankangestellte eifersüchtlich war, die zu lange mit ihrem Carl geplaudert hatte. Dolly Partons Ehemann Carl Thomas Dean gilt als eins der bestgehüteten Geheimnisse im Pop – weil ihn seit über 47 Ehejahren kaum jemand zu Gesicht bekommt.
Jolene bei 33 Umdrehungen klingt verblüffenderweise – fantastisch! Was meine vielleicht abwegig klingende Theorie erhärtet, das im Country Männer- und Frauenstimmen quasi den gleichen Affekt haben: nenne wir es, ähm, Unschuld. Eine stark verlangsamte Dolly ist auf jeden Fall ein Country -Sänger, dessen Platten ICH kaufen würde.
Eine der bekanntesten (von vielen, vielen) Coverversionen…
… und eine der Schönsten…
Ihr wohl bekanntester und gleichzeitig unbekanntester Hit (DIE hat den geschrieben???). Hat sie. Und zwar für ihren Freund und Mentor Porter Wagoner, dessen Show sie, nachdem sie ihn an Popularität weit überholt hatte, Mitte der 70er Jahre im Streit verließ – nicht ohne ihm zum Abschied in der Sendung dieses Lied zu singen. Anfang der 80er folgte die große Versöhnung, gefolgt von gemeinsamen Auftritten. Porter starb 2007 an Lungenkrebs – mit Dolly und seiner Familie an seiner Seite. Ach, und, von wegen dumb blonde: „I will always love you“ wollte sogar Elvis singen – da aber dessen Manager die Hälfte der Verlagsrechte haben wollte, lehnte Dolly ab. Ihre eigene Version wurde einer ihrer ersten großen Schritte rüber in den Pop-Mainstream – und als sie ihn später an Whitney Houston weiterreichte, war von Rechtübertragung keine Rede mehr.
Die selbstverständlich bessere Coverversion: Beth Ditto (prä -Gossip) bei einer Dolly -Party in Portland. Schlägt Whitney um Längen.
Wahrscheinlich mein Lieblingslied. Oder nein? Oder doch? Doch, doch. Wenn man das am Morgen mitzwitschert, ist man den ganzen Tag jut druff.
Aus heutiger Sicht kaum zu glauben, aber dieses harmlose Liedlein hatte es damals schwer im Radio, weil es den Sendern zu frauenrechtlerisch war. Man beachte am Ende des Clips den Mann ganz in der Mitte, der nicht klatscht.
Ein wunderschöner Song, der die Verwandschaft von Country und Gospel aufzeigt. Bei Ungeduld vorscrollen zum stimmgewaltigen Finale…
Auch hier wieder ausgeprägte Gospelelemente… Wenn die Nacht am Tiefsten ist, ist der Tag am Nächsten! Dolly schrieb den Song in einer Zeit, in der sie nach monatelanger schwerer Depression wieder auf die Füße kam. Ausgelöst war diese Depression durch Erschöpfung und die Einsicht, das sie – beruflich und körperlich bedingt – keine Kinder haben würde.
… und noch ein Beispiel dafür, warum Country dieser Prägung auch als „weißer Soul“ gilt.
Die Ära Disco -Dolly ist eingeläutet! Mit großen Glocken. Entschuldigung.
Das hier hab ich hauptsächlich für den „Ach, das ist auch von der?“ -Moment drin, aber man kann auch dazu in der Disco tanzen.
Der Titelsong zum gleichnamigen Film, in der Parton neben Lily Tomin und Jane Fonda eine nervlich leicht überlastete Sekretärin spielt. Mit Knarre. Man denke: „Falling down“ als Feelgood-Komödie.
Ganz zum Schluss einer meiner liebsten Songs und ungeschlagener Karaoke-Favorit – auch wenn es nicht leicht ist, einen Partner für den Kenny Rogers-Part zu rekrutieren (Martin Wenk, wir sind noch verabredet!). Mein Leiblingsmoment in diesem Live -Mitschnitt hier: als Dolly ihrem Kumpel auf den Fuß tritt, lacht und sagt „Scuse me, Kenny!“ Gemerkt haben dürfte er davon übrigens nichts, sagt Dolly doch über ihre Füße: „Of course I have tiny feet. Nothing grows in the shade!“ Geschrieben hat den Song Barry Gibb von den BeeGees, zu erneuter Ehre kam er kürzlich als „Ghetto Supastar“ von Pras ft Ol´Dirty Bastard und Mya.
Das war´s! Wenn ich 0,2 Prozent von euch anstecken konnte, bin ich glücklich.
I see -heee -eee- ee- eee the light of a clear blue morniiiiing!
Judith Holofernes